Wie eine kritische Erkrankung Ihren Körper beeinträchtigt

Kraftlosigkeit und Gewichtsverlust

Seien Sie nicht überrascht, wenn Sie sich am Anfang schlapp und müde fühlen. Ihre Muskeln haben sehr viel Kraft verloren, während Sie krank und bettlägerig waren. Je länger Sie krank waren, desto mehr Muskelkraft haben Sie verloren. Wenn Sie an einem Beatmungsgerät beatmet worden sind, haben Sie wahrscheinlich schneller an Muskelkraft abgebaut. Aufgrund des Muskelverlustes haben Sie auch an Gewicht verloren. Sie werden wieder an Gewicht zunehmen, sobald es Ihnen besser geht und Sie anfangen, Ihre Muskeln zu trainieren. Sie werden wieder kräftiger, aber es wird einige Zeit dauern. Um sich körperlich zu erholen, braucht es eher Monate als Wochen und es dauert vielleicht bis zu 18 Monate, bevor Sie sich wieder richtig gut fühlen. Setzen Sie sich realistische Ziele. Ein Tagebuch zu führen, in welchem Sie lesen können, wenn es Ihnen nicht so gut geht, kann Ihnen helfen zu erkennen, welche Fortschritte Sie tatsächlich machen. Auch wenn Sie sich nicht vollständig erholen, können Sie dennoch viel erreichen und ein erfülltes Leben haben. Es gibt Menschen, die über Monate schwer krank waren und denen man ein Jahr später nichts mehr ansieht. Bleiben Sie optimistisch, selbst wenn es bedeutet, dass Sie einiges in Ihrem Leben ändern müssen.

 

Atmung

Es kann sein, dass Sie tracheotomiert worden sind. Dabei wird ein kleines Loch am Hals gemacht, in den ein Schlauch eingeführt wird. Dieser wird dann an ein Beatmungsgerät angeschlossen. Die Tracheotomie macht es Ihnen leichter zu atmen und man kann Sie auch schneller vom Beatmungsgerät entwöhnen. Wenn Sie eine Tracheotomie bekommen haben, so werden Sie eine Narbe am Hals haben, die mit der Zeit kleiner wird und kaum zu sehen sein wird. Machen Sie die Atemübungen, die Ihnen Ihre Physiotherapeut*innen aufgegeben haben, da diese Ihre Muskulatur stärken und eine Lungenentzündung vorbeugen.

Ihre Stimme

Wenn Sie eine Atemunterstützung erhalten haben, kann es sein, dass sich Ihre Stimme verändert hat. Zu Beginn wird Ihr Hals weh tun, also überanspruchen Sie Ihre Stimme nicht. Versuchen Sie beim Sprechen Pausen zu machen und trinken Sie reichlich Wasser. Sie könnten - bedingt durch das Pflaster, welches den Beatmungsschlauch in Position hält - Einrisse am Mundwinkel haben. Ebenso können Sie einen trockenen Mund haben, da nicht genügend Speichel produziert wird.

Ihre Haut und Haare

Nach Ihrer schweren Krankheit kann Ihre Haut besonders trocken sein oder jucken. Die Haut regelmäßig einzucremen kann Ihnen Linderung verschaffen. Sie werden vielleicht bemerken, dass sich Ihre Haare verändert haben und eventuell haben Sie auch Haare verloren. Dies ist nicht unüblich und kann sogar noch nach Monaten auffallen. Die Haare wachsen normalerweise nach, aber es kann sein, dass die Haare mehr gewellt, glatt oder dünner werden oder sich die Farbe ändert.

Schrammen

Hatten Sie eine Infusion oder einen Katheter, die in den Körper eingebracht wurden, werden Sie Schrammen oder Narben haben. Diese finden Sie normalerweise an den Händen, Armen, am Hals, an den Seiten des Brustkorbes oder auch in der Leiste. Auch auf der Bauchdecke werden Sie Einstichstellen bemerken, welche von einer Blutverdünnungsspritze kommen.

Veränderung beim Hören, Schmecken, Gefühl und Geruch

Ihre Sinne und Wahrnehmungen können durch den Intensivaufenthalt beeinträchtigt sein, jedoch hält dies üblicherweise nicht sehr lange an. Ihr Gehör, die Sehkraft, der Geruchssinn oder das Gefühl kann sich verändert haben, was im ersten Moment sehr ungewohnt ist. Einige Medikamente können Ihr Hörvermögen verändern, andere Medikamente können einen metallischen Geschmack im Mund verursachen. Wenn Sie beispielsweise über eine Magensonde oder direkt in die Vene ernährt worden sind und nun beginnen, wieder normal zu essen und zu trinken, schmeckt es vielleicht intensiver oder einfach anders. Der Geruchssinn kann auch betroffen sein, da dieser sehr eng mit dem Geschmack zusammenhängt. Ihre Augen können trocken sein und weh tun, wenn Sie für längere Zeit sediert gewesen sind. Auch können die Augen geschwollen und aufgedunsen sein aufgrund der vielen Flüssigkeit, die Sie bekommen haben. Berührungen können sich seltsam anfühlen oder Sie verspüren ein Kribbeln in Teilen Ihres Körpers. Dies kann durch Medikamente hervorgerufen werden oder auch Ausdruck Ihrer Erkrankung sein. Das ändert sich im Laufe der Zeit und sollte sich irgendwann wieder normalisieren.

Probleme mit dem Toilettengang

Patient*innen auf der Intensivstation bekommen sehr häufig einen Schlauch in die Harnblase eingelegt. Man nennt dies einen Blasenkatheter. Er leitet den Urin aus der Blase ab und ermöglicht dem Personal, Ihren Flüssigkeitshaushalt zu kontrollieren. Wenn der Schlauch entfernt wird, kann es sein, dass die Muskelfunktion geschwächt ist und es Ihnen schwer fällt, Ihre Blasenfunktion zu kontrollieren. Keine Sorge, auch dies normalisiert sich gewöhnlich wieder. Wenn Sie Probleme beim Wasser lassen haben, könnte dies von einer Blasenentzündung kommen. In diesem Fall informieren Sie umgehend Ihre*n Ärztin*Arzt oder die zuständige Pflegeperson. Anzeichen dafür können sein:

  • Sie können für mehrere Stunden keinen Urin lassen
  • Sie erfahren einen brennenden Schmerz beim Wasserlassen
  • Blut im Urin

Einige Medikamente wirken sich auf die Menge und auch die Farbe des Urins aus oder auch die Häufigkeit, mit der Sie Wasser lassen müssen. Diese Medikamente können auch Ihre Darmfunktion beeinflussen. Wenn Sie diese Dinge beunruhigen, sprechen Sie mit Ihrem Arzt*Ihrer Ärztin darüber.

Rauchen

Wenn Sie vor der Erkrankung geraucht haben, wäre jetzt eine gute Zeit, um damit aufzuhören. Wenn Sie während Ihres Aufenthaltes mit dem Rauchen aufgehört haben, so fangen Sie nicht wieder damit an, wenn Sie zuhause sind. Waren Sie während Ihres Aufenthaltes künstlich beatmet, so kann Rauchen Ihre Lungen noch mehr schädigen.

Zusatzinformationen

Interessenskonflikte: Keine
Autor*innen: ICUSteps, Mag. Dr. Magdalena Hoffmann, MSc, MBA
Redaktion: Mag. Dr. Magdalena Hoffmann, MSc, MBA
Datum: 30.01.2021
Version: 1.0
Copyright-Vermerk für Fotos: Julia Brunner
Weiterführende Literatur:
• https://icusteps.org/assets/files/translations/german.pdf • 080-007p1_S2e_Multimodale-Neurorehabilitationskonzepte-Post-Intensive-Care-Syndrom-PICS_2024-01.pdf (awmf.org)
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