Maßnahmen in der Nachbetreuung / Follow-Up

Unter Nachbetreuung (Follow-Up) werden mono- oder multiprofessionelle Angebote für Patient*innen und Angehörige verstanden, die nach einer kritischen Erkrankung und deren Therapie auf der Intensivstation eingesetzt werden.

Die Angebote zur Nachbetreuung unterstützen die physische, psychische und kognitive Erholung nach einer kritischen Erkrankung. Als Nachbetreuung werden international verschiedene Aktivitäten beschrieben. Dabei gilt es, Patient*innen sowie Angehörige mit einer gezielten Informationsabgabe zu sensibilisieren und zu unterstützen. Die Angebote werden zu unterschiedlichen Zeitpunkten initiiert und werden in verschiedenen Settings durchgeführt. Dabei kann das Angebot auf der Intensivstation beginnen, wird auf der Abteilung und speziellen Rehabilitationseinheit weitergeführt oder erfolgt daheim bei den Betroffenen (Rosa et al., 2019). Vermehrt werden auch telemedizinische Angebote eingesetzt (Rousseau et al., 2021). Dabei haben Intensivstationen unterschiedliche Angebote beziehungsweise sind bei der Implementierung an unterschiedlichen Punkten.

Welche Angebote gibt es?

  • Sensibilisierung und Information über die Folgen eines Aufenthaltes auf der ICU durch Informationsbroschüren
  • Verfassen eines Tagebuches für Patient*innen sowie Angehörige
  • Besuche auf der Abteilung: das Behandlungsteam besucht ehemalige Patient*innen auf der Allgemeinstation unmittelbar nach der Verlegung aus der Intensivstation. Hier werden einerseits Informationen über den Aufenthalt auf der Intensivstation oder die weitere Genesung ausgetauscht. Andererseits kann das Tagebuch übergeben werden. Ebenso kann ein Austausch unter den Fachpersonen der verschiedenen Abteilungen und Institutionen stattfinden. Organisiert werden diese Besuche in der Regel durch Pflegefachpersonen.
  • Besuche auf der Intensivstation: Ehemalige Patient*innen mit oder ohne Angehörige besuchen die Intensivstation. Diese Besuche können spontan initiiert sein oder auch geplant. Diese Besuche erfolgen in unterschiedlichem Zeitabstand nach dem Aufenthalt auf der Intensivstation. Hier gilt es, sich an den Bedürfnissen der besuchenden Personen zu orientieren. Sie können durch eine klinikinterne Vorgehensweise (z. B. eine Checkliste) unterstützt werden. Die Bedürfnisse der Patient*innen oder der Angehörigen sind unterschiedlich: Sie wollen danke sagen oder aber den Patient*innen-Platz besuchen.
  • Ambulante Sprechstunden: In diesen Sprechstunden wird mit ehemaligen Patient*innen sowie mit deren Angehörigen über Erfahrungen in der Intensivstation und Erinnerungen an den Intensivstationsaufenthalt gesprochen. Der aktuelle Gesundheitszustand wird evaluiert, Ziele und Optimierungsmöglichkeiten im Rehabilitationsprozess werden ausgelotet und möglicherweise kombiniert mit einem Besuch auf der Intensivstation. Aktivitäten wie Physiotherapie, Schluck- und Sprechtraining oder Ernährungsberatung, Beratung und Edukation zu Themen, wie Bewältigung vom Alltag, werden angeboten. Die Sprechstunden erfolgen 3 bis 6 Monate nach dem Aufenthalt auf der Intensivstation. Idealerweise wird die Sprechstunde interprofessionell geführt (Pflegefachpersonen, Ärzte*Ärztinnen, Psycholog*innen oder Physiotherapeut*innen).
  • Spezifische Rehabilitationskliniken bieten strukturierte Rehabilitationsprogramme an, die meisten decken multiplen Interventionen aus dem medizinischen, pflegerischen, psychologischen und physiotherapeutischen Bereich ab.
  • Häusliche Umgebung: Neben dem klinischen Setting, werden zunehmend Aktivitäten in der häuslichen Umgebung angeboten und untersucht. Fachpersonen, wie Pflegefachpersonen, Ärztinnen und Ärzte oder Physiotherapeut*innen, besuchen die Betroffenen in ihrer häuslichen Umgebung und unterstützen im Rehabilitationsprozess.
  • Peer Support: Dabei treffen sich ehemalige Patient*innen und Angehörigen und tauschen sich über Erfahrungen und Erleben aus.

Bisherige Studien zeigen kontroverse Ergebnisse zu Follow-Up Aktivitäten. Jedoch deuten einige Studien auf einen positiven Einfluss dieser Aktivitäten auf den Outcome der Patient*innen hin. Aus der praktischen Erfahrung von Expert*innen, können die verschiedenen Angebote wie Sprechstunde, Rehabilitationskliniken usw. den ehemaligen Patient*innen und deren Angehörigen helfen, den Aufenthalt auf einer Intensivstation zu verarbeiten (Maurer et al., 2024).

Zusatzinformationen

Interessenskonflikte: Keine
Autor*innen: Dr. Marie-Madlen Jeitziner, RN., Béatrice Jenni-Moser, MScN, RN, Universitätsklinik für Intensiv-medizin, Inselspital Bern
Redaktion: PD. Mag. Dr. Magdalena Hoffmann, MSc, MBA
Datum: 21.09.2024
Version: 2.0
Copyright-Vermerk für Fotos: Karin Amrein
Weiterführende Literatur:
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• Rosa RG, Ferreira GE, Viola TW, Robinson CC, Kochhann R, Berto PP, et al. (2019). Effects of post-ICU follow-up on subject outcomes: A systematic review and meta-analysis. Journal of Critical Care, 52:115-125.
• Rousseau, A.F., Prescott, H.C., Brett, S.J., Weiss, B., Azoulay, E., Creteur, J, et al., (2021) Long-term outcomes after critical illness: recent insights. Critical Care, (1):108.
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