Das Intensivtagebuch auf der eigenen Intensivstation implementieren

Ein Intensivtagebuch ist ein Tagebuch, das von Angehörigen und Pflegenden für Patient*innen mit Bewusstseinsstörungen, wie Koma, Narkose, Delir usw. während eines Intensivaufenthalts geschrieben wird.

Intensivtagebücher werden seit 2008 im deutschsprachigen Raum geführt und zum Teil sehr unterschiedlich implementiert. Sie werden in Leitlinien zur Vermeidung eines Post Intensive Care Syndromes empfohlen.

Das Intensivtagebuch implementieren

Dieser Text richtet sich an Pflegende und andere, die ein Intensivtagebuch auf der Intensivstation implementieren möchten. Das Intensivtagebuch ist in Skandinavien und England weit verbreitet und wird dort seit mehr als 20 Jahren erfolgreich umgesetzt. In Deutschland werden seit 2008 Tagebücher geschrieben. Zur Implementierung gibt es verschiedene theoretische Modelle. Im deutschsprachigen Raum scheint es sinnvoll zu sein, die bürokratischen Strukturen zu berücksichtigen (Knück, Nydahl, 2010) sowie Barrieren zu identifizieren und bewältigen zu müssen (vgl. Nydahl, 2011).

Wichtige Schritte

  1. Klärung mit der Teamleitung und dem Team: Brauchen wir das? Es sind durchaus Bedingungen denkbar, unter denen eine Implementierung ungünstig ist (zum Beispiel während eines Umbaus, Teamfusionen usw.).
  2. Einverständnisse: Das Einverständnis der Teamleitung, der klinischen Direktion und ggf. der Pflegedienstleitung sind vor Projektbeginn notwendig.
  3. Barrieren: Was sind die Barrieren gegen die Implementierung von Tagebüchern auf dieser Intensivstation? Fragen Sie Ihre Kolleg*innen, die Leitung und sammeln Sie die Aspekte. Fragen Sie auch: Wie können diese Barrieren überwunden werden? Machen Sie eine Liste mit allen Barrieren und überlegen Sie, wie jede Einzelne überwunden werden kann. Beispiel: Barriere Zeitmangel. Überwindung: a) Tagebücher werden nur für ganz wenige Personen geschrieben, nicht für alle, b) Einträge werden in der Überlappungszeit geschrieben, wenn sowieso mehr Personal da ist, c) es gibt Vorlagen für Tagebucheinträge, damit das Schreiben nicht so schwer fällt, d) es soll in einer kleinen Untersuchung gemessen werden, wie viel Zeit tatsächlich benötigt wird, e) wenn es mal stressig wird, können Tagebucheinträge auch später nachgeholt werden, f) die Angehörigen werden gebeten, den zeitlich aufwendigen Ersteintrag zu schreiben. Damit haben Sie genügend Strategien, um die Barriere Zeitmangel zu überwinden. Gehen Sie mit anderen Barrieren genauso um.
  4. Kerngruppe bilden und Treffen über ca. 1h: Aussehen & Inhalt des Tagebuches festlegen, Informationen für das Team festlegen, ggf. schreiben üben, Verwaltung (Schrank, Vorlagen) klären, Ansprechpartner festlegen.
  5. Probelauf bei 1-2 Patient*innen, Feedback von Patient*innen & Angehörigen einholen, Überarbeitung des Tagebuchs.
  6. Implementierung (Einarbeitungskatalog, Krankenhauszeitschrift, Tageszeitung, Fachartikel)
  7. Evaluation: Patient*innen & Angehörige befragen, Kennzahlen (wie viele Tagebücher wurden im ersten Jahr geschrieben, wie viele wurden an Patient*innen oder Angehörige übergeben usw.).

Umfassende Informationen, Vorlagen und Beispiele finden sich auf der ganz neuen Webseite von www.intensivtagebuch.de sowie auf www.icu-diary.org.

Zusatzinformationen

Interessenskonflikte: Keine
Autor*innen: PD. Dr. rer.hum.biol. Peter Nydahl, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Deutschland
Redaktion: PD. Mag. Dr. Magdalena Hoffmann, MSc, MBA
Datum: 21.09.2024
Version: 2.0
Copyright-Vermerk für Fotos: Inselspital Bern
Weiterführende Literatur:
• Heindl P, Bachlechner A, Nydahl P, Egerod I. Extent and application of patient diaries in Aus-tria: process of continuing adaptation. Nurs Crit Care. 2016 Sep 21.
• Nydahl P, Knueck D, Egerod I (2015). Extent and application of ICU diaries in Germany in 2014. Nursing in Critical Care. 20(3):155-62.
• Nydahl P, Egerod I, Hosey MM, Needham DM, Jones C, Bienvenu OJJ. Report on the Third International Intensive Care Unit Diary Conference. Crit Care Nurse. 2020 Oct 1;40(5):e18-e25
• Rogan J, Zielke M, Drumright K, Boehm LM. Institutional Challenges and Solutions to Evi-dence-Based, Patient-Centered Practice: Implementing ICU Diaries. Crit Care Nurse. 2020 Oct 1;40(5):47-56 • Renner C, Jeitziner MM, Albert M, Brinkmann S, Diserens K, Dzialowski I, Heidler MD, Lück M, Nusser-Müller-Busch R, Sandor PS, Schäfer A, Scheffler B, Wallesch C, Zimmermann G, Nydahl P. Guideline on multimodal rehabilitation for patients with post-intensive care syndrome. Crit Care. 2023 Jul 31;27(1):301.
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